Dit & Dat
Schilddrüse
Hypothyreose = (Subklinische) - Schilddrüsenunterfunktion (SDU) Die Unterfunktion der Schilddrüse (Hypothyreose) ist eine der häufigsten hormonellen Erkrankungen beim Hund. Wenn sie richtig behandelt wird, kann er aber trotzdem ein normales Leben führen. Die SD-Hormone spielen im Stoffwechsel eine sehr große Rolle. Aus diesem Grund führt eine Reduktion der Schilddrüsenfunktion zu einer breiten Spanne von klinischen Symptomen. Die Krankheit beginnt meist schleichend, Veränderungen sind anfänglich oft unspezifisch und Hormontests nicht schlüssig. Entsprechend schwierig kann es sein, die Diagnose zu stellen. Die häufigste Form der SDU ist die autoimmune Schilddrüsenentzündung (Thyroiditis), mit Erbdisposition. In diesem Fall greift das eigene Immunsystem das Schilddrüsengewebe an und zerstört letztend-lich die Schilddrüse. Der Körper wird dies für eine Weile durch eine erhöhte Produktion von Schilddrüsenhormonen kompensieren, aber wenn die Reserven erst einmal erschöpft sind, wird der Hund die klinischen Symptome einer Unterfunktion ausprägen. Aus diesem Grund ist eine frühe Diagnose und Behandlung einer SDU entscheidend, bevor die Drüse dauerhaft geschädigt ist. Die klinischen Symptome einer Hypothyreose sind ebenso vielfältig wie ihre Wirkungen im Körper. Es können dermatologische, kardiale, neurologische, muskuläre und ophthalmologische Veränderungen auftreten. Bei Hündinnen können Veränderungen im Zyklus entstehen. Die Symptome kommen einzeln oder kombiniert und in leichter bis schwerer Ausprägung vor. Das gleiche gilt für allgemeine Symptome, wie z. B. schnelle Ermüdung, Kälteintoleranz und niedrige Herzfrequenz. Die Hypothyreose wird gerne als Verwandlungskünstler bezeichnet. Es gibt kein einheitliches Krankheitsbild, sondern individuelle Zusammenstellungen. Die üblicherweise mit einer SD-Unterfunktion in Zusammenhang gebrachten Symptome sind körperlicher Natur, u. a.: Allgemeinbefinden und Stoffwechsel Kälteunverträglichkeit, kühle Körperoberfläche Gewichtszunahme (Fettleibigkeit), trotz Diät, Fettleber Vermehrte Wasseraufnahme, Ödeme, besonders im Gesicht „trauriger Gesichtsausdruck“ , Hängende Augenlider Wassereinlagerungen (Gelenkschmerzen mit Schonung), Schwellung von Hand- und Fußwurzelknochen Schlechte Wundheilung, Chronische Ohreninfektion, Erhöhte Infektanfälligkeit Muskelschwäche, Muskelschwund, Allgemeine Schwäche (steifer Gang, Zehenschleifen), Krampfanfälle Zyklusstörungen und Zyklen ohne Eisprung, Scheinträchtigkeit, geringes Geburtsgewicht schwache, sterbende oder totgeborene Welpen Reduzierte Spermienbildung, Unfruchtbarkeit Wechsel von Verstopfung und Durchfall Trockene, brüchige Krallen, Heiserkeit Haut und Haarkleid Therapieresistente Hautinfektionen, Haarausfall (Haare leicht ausziehbar), Mattes, glanzloses, struppiges Fell, Welpenfell Farbveränderungen des Fells (typisch: schwarz nach rötlich, braun), Frühzeitiges Ergrauen Seborrhoe mit fettiger Haut, Seborrhoe mit trockener Haut, Fett- und Schuppenbildung der Haut, zum Teil mit Juckreiz Chronisch unangenehmer Hautgeruch , Liegeschwielen, Schuppung und Verstopfung der Talgdrüsen Weniger bekannt ist, dass diese Symptome eigentlich schon das fortgeschrittene Stadium einer SD-Erkrankung repräsentieren und dass es lange zuvor andere Symptome gibt, die auf einen Hormonmangel hinweisen können. An erster Stelle sind hier Verhaltensänderungen zu nennen, die im Widerspruch zur Sozialisierungsgeschichte des Hundes stehen u.a.: Plötzliche, unprovozierte Aggression Reizbarkeit, Wutanfälle „Ausrasten“ , Stimmungsschwankungen, unberechenbares Temperament Unansprechbarkeit, Tunnelblick, Konzentrationsschwäche Angst, scheues Verhalten, Geräuschangst, Phobien Nervosität, Phasen von Hyperaktivität, Unruhe, Stressanfälligkeit, geringe Stresstoleranz Antriebsschwäche, Vermehrtes Schlafbedürfnis, Interesselosigkeit Unablässiges Winseln, Zwangshandlungen, Aufmersamkeitsdefizite Wenig Belastbar, schnelle Erschöpfung, verminderte Ausdauer Die typische Krankengeschichte beginnt mit einem völlig wohlerzogenen und liebenswerten Welpen oder Junghund. Das Tier war kontaktfreudig, besuchte Hundeausbildungskurse, Leistungsveranstaltungen oder Hundeausstellungen, und kam von einem seriösen Züchter, dessen Zwinger keine frühere Vorgeschichte von gezüchteten Welpen mit Verhaltensproblemen gehabt hatte. Zu Beginn der Pubertät oder danach werden plötzliche Veränderungen in der Persönlichkeit beobachtet. Typische Vorzeichen können in unablässigen Winseln, Nervosität, schizophrenem Verhalten, Furcht vor Fremdem, Hyper-ventilation und übertriebenem Schwitzen (Hecheln?), Desorientierung und Aufmerksamkeitsversagen bestehen. Diese Veränderungen können voranschreiten bis zur plötzlichen, unprovozierten Aggressivität in unvertrauten Situationen mit anderen Tieren, Menschen und besonders mit Kindern führen. Viele Untersuchungen in den letzten Jahre haben den plötzlichen Ausbruch von Verhaltensänderungen um die Pubertät oder als junge Erwachsene festgestellt. Solche Verhaltensweisen werden häufig als Störungen der „Dominanzordnung“ zwischen Hund und Mensch oder als „Flegelzeit“ betrachtet und entsprech-end behandelt, wobei häufig übersehen wird, dass sich um die sexuelle Reife herum häufig Erkrankungen der Schilddrüse entwickeln. Besonders betroffen sind davon Rüden mittlerer und großer Rassen im Alter von 7 bis 18 Monaten. Bei erwachsenen Hunden kann Launenhaftigkeit, unberechenbares Temperament, Phasen von Hyperaktivität, Konzentrationsmangel, Depression, Ängstlichkeit und Phobien, Unterwürfigkeit, Passivität und Reizbarkeit beobachtet werden. Nach den Episoden verhalten sich die meisten Tiere, als kämen die aus einem Trancezustand, und sind sich ihres vorherigen Verhaltens nicht bewusst. Ein plötzlicher Beginn von Verhaltensänderungen in einem ansonsten gesunden, jungen Tier sollte den Tierhalter und den Tierarzt alarmierend auf ein zugrunde liegendes Schilddrüsenungleichgewicht hinweisen. Während abnormales Verhalten tiefer liegende Probleme psychologischer Natur widerspiegeln kann, kommen auch eine Vielzahl medizinischer Ursachen in Frage. Daher sollte die medizinische Untersuchung - einen kompletten Lebenslauf,  - eine klinische Begutachtung und eine neurologische Ausarbeitung  - sowie einen Routine-Labortest der Blutwerte, Blutzusammensetzung und Schilddrüsenprofil, eine Urin- und Kotuntersuchung und eine Röntgenaufnahme beinhalten. Viele dieser Schilddrüsensymptome treten auch aufgrund anderer Ursachen auf. Daher kann das Erkennen des Zustandes und die Interpretation des Schilddrüsenfunktionstests problematisch sein. Im Blutbild kann es u. a. zu folgenden Auffälligkeiten kommen: Erhöhte Cholesterinwerte Anstieg der Leberenzyme ALT, AST, AP, y-Glutamyltransferase Vermehrte Umwandlung von Kreatin in Kreatinin und CPK-Erhöhung Verminderte Lymphozytenzahl Verringerte Sauerstoffbindungskapazität, daher vermehrte Bildung von Blutfarbstoff (Hämoglobin) und Anstieg des MCH um das Bindungsdefizit auszugleichen Mangel an Thrombozyten (Blutplättchen) Zahl der Eosinophilen Granulozyten erhöht Geringfügige Erhöhung der alkalischen Leukozytenphoshatase Erhöhung der LDH (Laktat-Dehydrogenase) Zucker im Urin Erhöhte Fructosaminwerte Niedriger Wert der roten Blutkörperchen (Anämie verursacht durch eine verminderte Erythroportin-Produktion) Erhöhte Cortisolwerte Verminderte Leukozyten (weiße Blutkörperchen) Die am weitesten verbreiteten Schilddrüsentests bewerten die Schilddrüsenfunktion durch die Messung der Schilddrüsenhormonkonzentration im Blut. Die Totale T4-, Totale T3-, Freie T4- und TSH-Konzentrationstests messen die Konzentration der verschiedenen Hormone in Ruhe. Die TSH- und TRH-Stimulationstests messen die Hormonkonzentration nach einer Stimulierung der Schilddrüse. Andere verfügbare Tests bewerten die Pathologie der Schilddrüse und beinhalten eine Messung der Autoantikörper gegen Schilddrüsenhormone  (T3 AA oder T4 AA) oder Thyroglobulin. Die genaue Messung der freien T4 ist die wichtigste Komponente dieser Analyse, weil sie die biologische aktive (ungebundene) Fraktion der gesamten T4 repräsentiert. Gesamt T4 wird zumeist als Parameter erster Wahl zur Diagnostik der Schilddrüsenfehlfunktion eingesetzt. TT4 (=T4 gesamt) ist das proteingebundene T4 und stellt den zirkulierenden Reservepool dar. Erst die Bindung an Transportproteine ermöglicht die Verteilung der lipophilen und wasserunlöslichen Thyroxinmoleküle. T4 bindet beim Hund ausschließlich an Präalbumin und Albumin. TT4 ist nur im geringen Maße von der aktuellen Stoffwechsellage abhängig und spiegelt so zum einen die Schilddrüsenleistung über einen längeren Zeitraum wider zum anderen aber auch das Euthyreot Sick Syndrom. TT4 ist sehr gut geeignet bei Patienten, bei denen kein Hinweis auf Veränderungen im Proteinstoffwechsel vorliegt z.B. reine Hautpatienten mit Verdacht auf Endokrinopathie nach Ausschluss eines Cushings und bei denen die vorangegangene Medikation genau überprüft wurde.   fT4 ist ein Parameter, der unabhängig von Proteinsynthese und -metabolismus ist und stellt somit den Parameter erster Wahl bei Patienten mit der Differenzierung zu Euthyreot Sick Syndrom (Patienten mit anderer Grunderkrankung, aufgrund derer die TT4 und TSH-Konzentrationen verändert sind).  Die Messung der TSH-Konzentration im Serum ist auch beim Hund häufig Parameter erster Wahl. Einschränkend ist, dass mit zunehmender Krankheitsdauer TSH-Konzentrationen innerhalb des Referenzbereiches gemessen werden. Durch neuere Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass die cTSH-Konzen-tration bei 13 bis 40 % der hypothyreoten Hunde innerhalb des Referenzbereiches liegt. Gründe für die niedrigen Messergebnisse können eine Erschöpfung der Hypophyse bei langbestehender Hypothyreose sein oder im Krankheitsverlauf steigt durch beschleunigte Ausschüttung der Anteil von TSH-Isomeren, die vom Testsystem nicht erkannt werden. Die Bestimmung der Thyreoglobulin Ak ist nicht Parameter erster Wahl zur Diagnose von Schilddrüsenfehlfunktionen, da die Konzentrationen keine Aussage über die aktuelle Schilddrüsenfunktion und auch keine Prognose bezüglich einer Hypothyreose erlauben. Der Nachweis von TgAk stellt schon die Grundur-sache für eine sich später evtl. entwickelnde Hypothyreose dar. TgAK werden bei der autoimmun bedingten chronisch lymphozytären Thyreoiditis nachge-wiesen. Im Verlauf dieser Erkrankung, die über mehrere Jahre andauern kann, kommt es zu einer fortschreitenden Zerstörung der Schilddrüsen Follikel. Es ist allerdings erst mit klinischen Symptomen zu rechnen, wenn nur noch 25 % funktionales Gewebe vorhanden ist. Zu diesem Zeitpunkt ist die TgAk Konzentration häufig schon wieder im unauffälligen Bereich. In vielen Fällen sind gleichzeitig zu TgAk auch Autoantikörper gegen T3, seltener gegen T4 nachweisbar. Die Bestimmung der TgAk Konzentration ist bei Patienten sinnvoll, die sehr jung klinisch auffällig werden und bei Patienten die aus zuchthygienischen Gründen auf Autoimmun Thyreoiditis untersucht werden (genetische Komponente vermutet).  Da der Körper in kritischen Situationen die T3 - Synthese forciert, ist T3 zur Diagnose der Hypothyreose nicht Parameter erster Wahl. Auch die Hyperthyreose kann in der Frühphase durch eine Reduktion der Dejodierung verspätet erkannt werden, wenn nur TT3 bestimmt wird.   In vielen Fällen wird der Hundehalter mit dem Laborbefund, die SD-Werte seien im Referenzbereich - also: „normal“-, beruhigt. Was aber ist „normal“? Normal kann von normal niedrig bis zu normal hoch alles bedeuten. Geklärt ist damit nicht die Frage, ob diese normalen Werte ausreichend für den betrof-fenen Hund sind. Denn Schilddrüsenwerte sinken nicht über Nacht in Bereich unterhalb der Norm.Deswegen sind prinzipiell Werte im unteren Drittel als Anzeichen einer beginnenden Störung zu bewerten. Eine genauere Untersuchung des Hundes inkl. seiner Lebensweise ist dringend angezeigt! Jean Dodds, eine führende Spezialistin auf diesem Gebiet, ist der Meinung, dass Hunde während ihrer gesamten körperlichen Ausreifung mindesten in der Mitte, besser noch im oberen Drittel des Normalbereiches liegen sollten. Niedrigere Werte würden auf eine beginnende Funktionsstörung der Schilddrüse deuten und die Entwicklung des Hundes beeinträchtigen. Bei gesunden jungen Erwachsenen, die für die Zucht oder zur Leistung verwendet werden, sollte die optimale Schilddrüsenfunktion wenigstens auf der Mitte der etablierten Normalenspanne des betreffenden Labors liegen. Niedrigere Werte, selbst wenn die mit der Schilddrüse vereinbarenden klinischen Symptome fehlen, können bereits sehr wohl auf eine frühe Stufe der Schilddrüsenentzündung hinweisen, besonders wenn sie bei verwandten Hunden von Familien gefunden werden, bei denen zuvor die Schilddrüsenkrankheit dokumentiert wurde. Bei alten Tieren sinkt gewöhnlich der Grundstoffwechsel, so dass die optimalen Schilddrüsenwerte passenderweise nahe dem Mittelwert oder sogar leicht darunter liegen. Ohne Gewähr auf Vollständig - und Richtigkeit!
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